Freitag, 25. Januar 2008

Freitag Nacht

Es ist Freitag Nacht, ich muss überlegen, bevor ich mir sicher bin, welcher Wochentag heute ist. Das geht schon mehrere Tage so. Schuld ist der immergleiche Tagesinhalt. So viel Schreiben, so weit kommen mit der Arbeit wie nur möglich. Stundenlang hocke ich in meinem Zimmer und formuliere Wort für Wort, Zeile für Zeile, Absatz für Absatz. Wenn ich morgens die Datei wieder aufrufe und den Text des Vortages erneute lese, fängt sofort ein Vorgang an, der vielleicht mit dem Schleifen und Polieren eines Bildhauers vergleichbar ist. Ich glätte hier eine Formulierung, stelle dort einen Nebensatz um, streiche Ausdrücke und Phrasen, die mir beim zweiten Lesen regelrecht geckenhaft erscheinen, mit Unverständnis darüber, dass ich wirklich geglaubt zu haben schien, mir diese Unsinnigen Eitelkeiten durchgehen zu lassen. Bis ich an der Bruchstelle des Vortages angelangt bin, um den Text fortzusetzen, ist dann einige Zeit vergangen. Eine Springprozession, zwei Schritte vor, einen zurück. Gleichzeitig ist das ein Strudel, eine Kreisbewegung, die mich in den Text wieder und wieder hineinzieht. In das Schreiben hineinzieht, so daß die Zeit stehenbleibt. Sie vergeht nicht, sie bleibt stehen. So eine Art meditativer Zustand kommt auf, um den Preis, dass die Tage eine Einförmigkeit annahmen, die mich vom Leben abschneidet. Nichts richtiges passiert, nichts bewegt sich, es gibt auch nichts zu erzählen, wenn meine Frau abends nach Hause kommt. Mich interessiert eigenartiger Weise auch nichts mehr von draußen. Ein Zwischenreich. Schweben - aber in einer Leere, die mich auf Dauer eingehen läßt. Es kommen inzwischen auch kaum noch emails an. Von wem auch? Alle Kanäle sind auf Empfang geschaltet, das Handy liegt immer griffbereit neben mir und dient doch nur dazu, mit meiner Frau kurz zu vereinbaren, wann sie von der Arbeit kommt. Wenn dann mal das Telefon klingelt, lassen wir den Anrufbeantworter drangehen. Erst mal hören. Ich glaube, dass jeder Dorfbewohner der südlichen Sahara ein engmaschigeres soziales Netz besitzt als ich, der ich mit allen Kommunikationsmitteln der moderne mitten in einer deutschen Universiätsstadt wohne. Immerhin treffen wir uns mit den Nachbarn einmal in der Woche zum Sport. Dass ich mich darüber mal so freuen würde, wer hätte es gedacht..
Den Umstand, um diese Uhrzeit noch bloggen zu können, verdanke ich meiner Aussperrung aus dem gemeinsamen Schlafzimmer, die mir mein kontinierlich stufenlos lauter gewordenes Schnarchen in den letzten Wochen beschert hat. Eine weitere, kleine Isolation. Die Pritsche, auf der ich nun versuche, meine Nachtruhe zu gestalten, ist unglaublich unbequem und verstärkt die Rückenschmerzen noch, die mir mein Dauersitzen und die stetig wachsende, furchtbar unästhetische Kugelwampe ohnehin bereiten. Für Diäten und regelmäßigen Sport reichen die Nerven im Augenblick nicht aus. Spaziergänge wären schon schön, aber selbst die kriege ich im Augenblick kaum hin.
Letzte Nacht hab ich bis 2 Uhr gebraucht, um genug Müdigkeit zum Einschlafen aufzusammeln, vor dem Fernseher, schlimmstes Programm. Jetzt ist es schon wieder fast Mitternacht.

Keine Kommentare: